BayernUp2Date 0057

 

 

Liebe Leserinnen und Leser,

vor 100 Jahren hat der Satiriker Henry Louis Mencken gesagt: "Für jedes menschliche Problem gibt es eine Lösung: elegant, einleuchtend – und falsch.“ Das stimmt heute noch. Nehmen wir den Tankrabatt. Das Problem: Autofahren wird teurer. Die Lösung: Der Staat macht Benzin billiger. Elegant, einleuchtend – und falsch. Wegen der Folgen. Die Leute fahren dann ja womöglich noch mehr Auto und schaden damit weiter dem Klima. Was das mit Digitalisierung zu tun hat? Auch in der Digitalisierung glauben viele an einfache Lösungen. Algorithmen werden angeblich mit jedem gesellschaftlichen Problem fertig, wenn sie nur genügend Daten zum Trainieren hatten. Das ist so elegant wie einleuchtend. Und häufig falsch, also ein dankbares Thema für Ihre stets kritische 

Ihre
Redaktion von BayernUp2Date

 

Inhalt:
+ Der Staat liest mit
+ Mehr Strom fürs Klima
+ Gesundheitsdatensammlung
+ Echt jetzt?
+ Termine
+
An- und abmelden, PDF, Impressum

   

Der Staat liest mit
Das Problem: Kinderpornografie wird übers Internet verbreitet. Die Lösung: Technik, die sämtliche Handys durchsucht und dabei nicht nur Material aufspürt und verschlüsselte Chats knackt. Sie soll auch anschlagen, wenn Erwachsene im Netz Kontakt zu fremden Kindern suchen, also beim sogenannten Grooming. Die EU-Kommission hatte Mitte Mai den Entwurf für ein einschlägiges Gesetz vorgelegt. Seitdem kommt Protest von allen Seiten, sogar vom Kinderschutzbund. Nicht gegen das Ziel, gegen die Methoden. Missbrauchten Kindern helfe es nicht, die EU-Bevölkerung unter Generalverdacht zu stellen und nebenbei Unbescholtene zu kriminalisieren. Pornografisches Material werde schließlich nicht im Chat weitergereicht, sondern verschlüsselt irgendwo im Netz versteckt, erklärt das Chaosradio (in Kapitel 10). Links und Passwörter gebe es dann im Darknet. Wer solche Gesetze macht, sagt Hannes Federrath (ab Minute 30), Informatikprofessor in Hamburg, „hat die Funktion des Internets nicht verstanden.“

 
Mehr Strom fürs Klima
Das Problem: Unser Umgang mit Energie schadet dem Klima. Die Lösung: künstliche Intelligenz. Oder ist, wie Linus Steinmetz von Fridays for Future meint, schon allein das Internet die Lösung, weil es Fahrten und Flüge spart? KI jedenfalls könne den Klimawandel bekämpfen, fasst die Bertelsmann-Stiftung in ihrem Newsletter (2. Absatz) eine Studie von 2019 zusammen. Kritiker wenden allerdings seit Jahren ein, dass KI Unmengen von Strom verbraucht, weil sie auf Unmengen von Daten trainiert werden muss. Aber wenigstens gibt es inzwischen Kriterien, an denen sich messen lässt, ob KI der Umwelt eher nützt oder eher schadet.
 
Gesundheitsdatensammlung
Das Problem: Die Forschung braucht Gesundheitsdaten. Die Lösung: Bis Oktober 2022 müssen die gesetzlichen Krankenkassen die Daten ihrer Versicherten in einer gemeinsamen Datenbank speichern. So verlangt es das Digitale-Versorgung-Gesetz von 2019. Die Daten werden zwar pseudonymisiert, doch wer auch nur ein wenig davon versteht, kann sie wieder zuordnen. Eigentlich müssten alle Versicherten gefragt werden, ob sie damit einverstanden sind, dass ihre Daten in einer zentralen Datenbank landen. Auch hier gilt schließlich die Datenschutzgrundverordnung. Geplant ist das aber nicht. Und: Gesundheitsdaten von 73 Millionen Versicherten lassen sich wunderbar zu Geld machen – was passiert also, wenn Hacker die Datenbank knacken? Bürgerrechtler*innen haben inzwischen gegen das Gesetz geklagt. Sie fordern mehr technische Sicherheit und die Möglichkeit, ihre Daten für sich zu behalten.
 
Echt jetzt?
Das Problem: Das Kind hilft nie im Haushalt. Die Lösung: ein Smart-Home-Netzwerk auf der Blockchain, welches fürs Aufräumen Punkte vergibt. Die tauscht das Kind nach getaner Arbeit in Geld um oder in Computerzeit. Die Eltern könnten doch einfach das Fernsehen verbieten, bis das Zimmer aufgeräumt ist, schreibt Vice und notiert 41 weitere Beispiele, die zeigen: Nicht immer ist Technik die beste Lösung. Noch nicht einmal die Blockchain.
 

Termine

  • Freitag 24. Juni 2022: Bundesweiter Digitaltag der Initiative „Digital für alle“. Infos
  • Montag 4. bis Freitag 8. Juli, Bielefeld: „Der gläserne Mensch. Phantastische Freiheit oder smarte Sklaverei?“. ver.di-Seminar. Infos und Anmeldung
  • Montag 11. Juli 2022, 16:30 Uhr, im Netz: „Plattformen, Infrastrukturen und Gemeinwohl: Digitale Technologien für gesellschaftlichen Zusammenhalt?“ Ringvorlesung der TU München zur Digitalisierung. Infos
  • Montag 18. Juli 2022, 16:30 Uhr, im Netz: „Data Driven Government – Rahmenbedingungen für digitalen Fortschritt“. Ringvorlesung der TU München. Infos
  • Freitag 22. bis Sonntag 24. Juli 2022, Brannenburg: „Schöne neue Arbeitswelt - Fluch oder Segen? Entgrenzung der Arbeitswelt: flexible Arbeitszeiten, mobile Arbeit, Homeoffice“. ver.di-Seminar. Infos und Anmeldung
  • Sonntag 24. bis Freitag 29. Juli, Gladenbach: „Vom Wandel der Erwerbsarbeit“. ver.di-Seminar. Infos und Anmeldung

Ihre Hinweise auf Veranstaltungen zur Digitalisierung greifen wir gerne auf. Bitte per E-Mail an die Redaktion.
 

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