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Liebe Leserinnen und Leser,

vor 15 Jahren unkte der bayerische Datenschutzbeauftragte: "Stellen Sie sich vor, wir haben eGovernment und keiner macht mit." Damals wollte Bundesinnenminister Schäuble mit Schnüffelsoftware in amtlichen E-Mails Verbrecher fangen. Das koste Vertrauen in die elektronische Kommunikation mit Ämtern und sei womöglich das Aus für ELSTER und die elektronische Gesundheitskarte. Der Behördentrojaner kam nicht, die Gesundheitskarte ist elektronisch, die Steuerklärung auch. Also alles bestens mit der digitalisierten Verwaltung? Wie man’s nimmt, meint

Ihre
Redaktion von BayernUp2Date

 

Inhalt:
+ Behörden im Netz
+ Das Onlinezugangsgesetz
+ Einer für alle
+ Der Praxistest
+ Echt jetzt?
+ Termine
+
An- und abmelden, PDF, Impressum

   

Behörden im Netz
Wie sieht es denn nun aus mit digitaler Verwaltung? Selbst Gesundheitsämter arbeiten längst digital. In der Pandemie mussten sie faxen, weil die IT-Systeme unterschiedlicher Behörden sich nicht vertragen. Die Kommunalstudie 2022, die untersuchte, wie Kommunen „Herausforderungen digital meistern“, zog eine „positive Bilanz mit Strahlkraft“. Der Bitkom protestierte. Die EU-Kommission ließ gut 14.000 Behördenwebsites bewerten. Deutschland kam nur auf Platz 21 – von 35. Der Normenkontrollrat, der prüft, was Gesetze uns kosten, sieht in seinem Monitor #6 ebenfalls wenig digitalen Fortschritt. Kein Wunder bei den komplizierten Abläufen. Bringt die Digitalisierung dort, wo sie schon funktioniert, wenigstens etwas? Weder Angestellten noch Bürger*innen, befindet die Friedrich-Ebert-Stiftung.  

 
Das Onlinezugangsgesetz
Nach dem Onlinezugangsgesetz (OZG) sollten bis zum Jahresende 575 Verwaltungsleistungen digital sein. Völlig utopisch. Wie weit die 35 wichtigsten sind, auf die man sich beim OZG-Booster geeinigt hatte, sehen Sie im Dashboard Digitale Verwaltung. Wir fanden 20, die jetzt überall zur Verfügung stehen. Überall heißt: in mindestens einer Kommune eines Landes, online-ergänzende Papierpost erlaubt. Die OZG-Fachleute von Bund und Ländern besprechen gerade, welche der 35 Leistungen sich bis Ende 2022 tatsächlich noch digitalisieren lassen. Sicher nicht alle. Das Verwaltungsportal des Bundes „bietet Ihnen künftig einen zentralen und komfortablen Zugang zu allen Verwaltungsleistungen des Bundes, der Länder und Kommunen“. Noch ist es im Aufbau, genau wie die Portale der Länder und Kommunen.
 
Einer für alle
Damit es schneller geht, soll nicht jede Behörde ihre gesamte Verwaltung selbst digitalisieren. Die Aufgaben werden verteilt. Eine Behörde entwickelt etwas, die anderen übernehmen es. Weil das bei 16 Ländern nicht einfach ist, laufen die Fäden bei der FITKO zusammen. Aber nicht nur der Föderalismus bremst. Es fehlen auch Standards für die IT, die Systeme vertragen sich nicht auf Anhieb. Zudem fehlt technischer Sachverstand. Eigene IT-Kompetenz hätten Kommunen kaum noch, sagte die IT-Verwaltungsspezialistin Lilith Wittmann im eGovernment-Podcast. Die technische Infrastruktur muss also eingekauft werden. Wer große Anbieter nimmt, hat zwar schnell eine funktionierende Grundausstattung, macht sich aber abhängig und muss für jeden Extrawunsch ordentlich zahlen. Open Source ist deshalb ein Thema für die öffentliche Verwaltung.
 
Der Praxistest
Direkt vom Sofa aus in die Behörde? Zunächst müssen Sie sich ausweisen, am besten mit dem elektronischen Personalausweis. Da den kaum jemand benutzt, gibt es wenig, wofür man ihn benutzen könnte – das Henne-Ei-Problem. Noch ist es umständlich, mit dem ePerso Bafög zu beantragen oder die Steuererklärung zu machen. Kommt er aufs Smartphone, soll alles besser werden. Bei innovativen Onlineverfahren wie ELFE in Bremen lohnt sich der Aufwand. Hier digitalisiert eine Behörde nicht Formulare, sondern Prozesse: Sie fasst Leistungen sinnvoll zusammen. In Bayern, dem Land mit Deutschlands erstem Digitalgesetz, hat man einen Rechtsanspruch auf „Behörde online“ (Art. 12). Den haben alle, sogar Touristen aus Preußen. Ob er mit einem PDF zum Ausdrucken bereits erfüllt wäre – auch das gilt ja als Onlinezugang –, müssten Gerichte klären. Online heißt jedenfalls nicht unbedingt einfach, wie dieser Kampf mit der Grundsteuererklärung beweist. Von Barrierefreiheit einmal ganz zu schweigen.
 
Echt jetzt?
Bayern ist verwaltungstechnisch auf der Höhe der Zeit. Zum Beweis zeigt die Digitalministerin im Video „Lass die Faxen(nach unten scrollen), wie sie das Faxgerät ihres Wirtschaftsministers entsorgt. Na gut, da sitzt nicht der echte Hubsi. Die Freien Wähler fühlten sich trotzdem – oder gerade deswegen? – auf den Arm genommen. Ein Aprilscherz, wie die Süddeutsche meinte, kann das Video aber kaum gewesen sein. Sonst stünde es nicht immer noch auf der OZG-Seite des Digitalministeriums.
 

Termine

  • Mittwoch 28. September 2022, 19 Uhr, München und im Netz: „IT-Sicherheit: Herausforderungen für Wissenschaft und Gesellschaft“, Infos und Livestream
  • Freitag 30. September bis Sonntag, 2. Oktober 2022, TU Berlin: „Bits & Bäume-Konferenz für Digitalisierung und Nachhaltigkeit“. Infos und Tickets
  • Mittwoch 12. Oktober 2022, 10–15 Uhr, Berlin: „GovTalk 2022“, Veröffentlichung des eGovernment MONITOR 2022 durch die Initiative D21. Infos (Anmeldeschluss 3.10.)
  • Donnerstag 13. Oktober 2022, 9–18 Uhr, München: „Mehr Datenökonomie wagen“, Fachkonferenz von bidt und Münchner Kreis. Infos und Anmeldung

Ihre Hinweise auf Veranstaltungen zur Digitalisierung greifen wir gerne auf. Bitte per E-Mail an die Redaktion.
 

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